Anne in China
Dienstag, 30. Juni 2009
Meine Mitbewohner
Entschuldigung, dass ich mich erst jetzt melde, aber mein Anfang war doch mit etwas mehr Aufwand verbunden, als ich erwartet hatte. Eigentlich hätte der vorherige Eintrag etwas früher erscheinen sollen, aber ich habe eine etwas schusselige Mitbewohnerin.

Meine ganze Abreise nach Beijing ist etwas spontan von Statten gegangen. Erst 10 Tage vor meiner Abreise (der Flug war schon gebucht) habe ich die Bestätigung seitens der Beijing Language and Culture University bekommen, dass meine Bewerbung erfolgreich war. Aus diesem Grund hatte ich es nicht für nötig gehalten, während der begrenzten Öffnungszeiten des Büros zur Vergabe von Wohnheimplätzen (9:00-12:00) nachts (China ist Deutschland sechs Stunden voraus) aufzustehen und telefonisch ein Zimmer zu reservieren (E-Mail is nich).

Nach meiner Ankunft auf dem Campus, wollte ich mir zunächst nur ein Zimmer für eine Woche nehmen, um mir in der Zeit eine eigene Wohnung zu suchen. Aber dann hieß es, dass gar keine Zimmer mehr übrig sind. Dann habe ich rumdiskutiert, bis es hieß, dass es schon noch ein Zimmer gäbe, aber das würde mir bestimmt nicht gefallen. Ich soll mir das Wohnheim mal angucken gehen…

Alles Doppelzimmer mit Kühlschrank, Fernseher, Klimaanlage, kollektiv nutzbare chinesische Toiletten (also Löcher im Fußboden) und chinesische Duschen (also Rohre von oben aus der Wand) auf der Etage. Aber sauber.
Also habe ich die Damen an der Rezeption geschockt und ein Zimmer genommen, von denen sie nicht erwartet hätten, dass es meinen deutschen Standards entspricht.

Jedenfalls wurde ich dann tatsächlich zu meinem Zimmer gebracht, wo wir meine neue Mitbewohnerin Mili aus Kuba schlafend vorfanden. Man hatte ihr nicht Bescheid gegeben.

Jedenfalls verstehen wir uns gut, außer dass wir uns nicht verstehen… da sie kein Englisch spricht, können wir uns nur auf Chinesisch unterhalten, das wir beide auf sehr unterschiedliche Weise zu sprechen scheinen.

Außerdem ist sie momentan nicht da. Sie verschwand am Freitag und ist noch nicht wieder da ;P
Eigentlich wollten wir am Samstag das Zimmer umräumen. Momentan steht mein Schreibtisch in der hintersten Ecke, wo kein Licht hinfällt und die Betten so, dass man aufstehen muss, wenn man an Milis Schreibtisch sitzt und der andere mal aufs Klo muss oder so. Suboptimal. Total eng. Ich sitze die ganze Zeit auf meinem Bett und lerne da.

Ich hatte sie am Freitag gefragt, ob sie verreist (sie hat ja Semesterferien), was sie verneinte. Wann sie wieder kommt? Keine Antwort. Nicht verstanden. Wohin sie geht? Sie: Nachbar. Ihr Handyguthaben ist aufgebraucht, also kann ich sie nicht anrufen. In China muss man nämlich auch dafür bezahlen, wenn man angerufen wird. Mit Guthaben aufladen scheint sowieso nicht ihre Sache zu sein. Als ich ankam, musste ich erstmal neues Trinkwasser bestellen (wir haben einen Kanister auf dem Zimmer) und deswegen konnte ich auch meinen Eintrag nicht ins Internet stellen: der Zugang war gesperrt, weil kein Guthaben drauf war. Letztendlich hat ein Freund von ihr, Jose, mir geholfen und auf ihrem spanischen Rechner alles wieder eingerichtet.

Jedenfalls weiß ihr Bruder (als er mir vorgestellt wurde, gab er mir seine Handynummer mit den Worten, dass ich ihn anrufen soll, wenn ich Ärger mit den Chinesen habe und er denen eins aufs Maul geben soll) auch nicht, wann sie wiederkommt, also habe ich erstmal ein Einzelzimmer. Aber mein Treffen eben mit Angel ist die nächste merkwürdige Geschichte.

Den ganzen Tag rennen die Kubaner (also die meisten Bewohner des Studentenwohnheims) schon mit Kisten durch die Gegend. Sie haben sich gemeinsam einen Container gemietet, um ihre Einkäufe aus Beijing billig nach Havanna verschiffen zu lassen: Sofas, Motorroller, Computer, Fernseher, Klamotten, Bücher, Schrott…

Jedenfalls klopft es eben an der Tür, es ist Angel, Milis großer Bruder, er sucht etwas aus meinem Zimmer, ob ich kurz rausgehen mag, er muss nur was abholen. Ich sag natürlich nee, ich helfe dir und dann fing er nur an zu lachen und meinte, ob ich mal mein Bett freiräumen kann. Im Bettkasten versteckt lagerten circa 20 schwere Kisten irgendwas und ich habe nicht gefragt, was das ist. Denn er meinte, dass er extra nichts erzählt habe. Ich habe dann nur gemeint, dass ich das insgesamt eine ganz tolle Idee mit dem Container finde und wenn er irgendwie Hilfe brauche, sich gerne an mich wenden kann. Heute nacht um zwei kommt der letzte Transporter. Natürlich werde ich mich nicht in die Angelegenheiten des Cuba-Clans hier einmischen…

Sonst ist hier im Wohnheim aber sehr cool. Ich scheine die einzige Europäerin zu sein. Bisher kenne ich hier nur Studenten aus Kuba, Afrika, Thailand und Mexiko. Wir unterhalten uns alle auf Chinesisch und außer am Wochenende, wenn die Putzfrau frei hat (dann liegen immer gebrauchte Slipeinlagen in den Duschen und die Mülltonne läuft aus und es liegen Knochen im Waschbecken), ist es hier sehr sauber. Keine Kakerlaken!

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als hätten wirs kommen sehen
...die ganze Wohnheimbeschreibung klingt sehr nach unserer Unterhaltung bei euch in der Leipziger Küche, als wir uns deine damals noch zukünftige Wohnsituation ausmalten. Außer den Cuba-Clan, den konnten wir nicht kommen sehen. Obwohl ich da natürlich auf Spanisch toll vermitteln könnte und heraus finden, was wohl in den geheimnisvollen Kisten lagert. Aber ob man sich da der Mitwissenschaft schuldig machen möchte?

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Letzte Aktualisierung: 2009.07.10, 04:53
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