Anne in China
Samstag, 29. September 2007
Woche Nr. 1 mit Mondfest
Mein Haus aus meinem Garten raus fotografiert.

Das Problem mit den Kakerlaken ist vorerst gut geloest. Es gab da zwar ein kleines Missverstaendnis bzgl. der Anwendung des Insektensprays, aber ich bin von dem Resultat sehr ueberzeugt.
Ich hatte Herrn Li so verstanden, dass ich alles einspruehen soll (mit geschlossenen Fenstern und Tueren!), dann zur Arbeit gehe, waehrend alles einwirkt und abends, wenn ich nach Hause komme, nur noch mal kurz durchlueften brauche.
Mit "alles" meinte er aber die Kakerlaken. Aber die waren ja nicht so einfach zu finden. Also habe ich praeventiv die ganze Wohnung vollgesprueht und die Dose leer gemacht...
Bisher sind die noch nicht wiedergekommen.

Am Dienstag war Mondfest. Und das geht so:

Der 15. Tag des 8. Mondmonats (etwa im Oktober nach dem Gregorianischen Kalender) ist das Mondfest (im Chinesischen: Mittherbstfest) in China.

Das Mondfest hat eine lange Geschichte. Im Altertum opferten die Kaiser im Frühling der Sonne und im Herbst dem Mond. Schon in den Geschichtswerken aus der Zhou-Dynastie (ca. 11. Jahrhundert-256 v. Chr.) ist das Wort „Mittherbst“ zu finden. Später folgten die Adligen und Literaten dem Beispiel der Kaiser und bewunderten im mittleren Herbst den hellen Vollmond. Später entwickelte sich diese Sitte im Volk zu einer traditionellen Aktivität. In der Tang-Dynastie (618-907) entstand das Mondfest. In der Ming- und der Qing-Dynastie (1368-1911) ist es eines der wichtigsten Feste Chinas geworden.

Nach der Volkssage rührt das Mondfest von der folgenden Legende her: In grauer Vorzeit gab es im Himmel zehn sengende Sonnen. Die Kulturen waren welk, so dass das Volk in bitterer Not lebten. Ein kräftiger Held namens Hou Yi bestieg den Gipfel des Kunlun-Berges, spannte den Bogen und schoss auf einmal neun Sonnen herunter. Er befahl der letzten Sonne, jeden Tag pünktlich auf- und unterzugehen, was dem Volk zum Wohl gereichte. Deshalb wurde er vom Volk verehrt und respektiert. Viele Leute, darunter Peng Meng, gingen zu ihm in die Lehre.

Hou Yi hatte eine schöne Frau, die Chang'e hieß. Eines Tages ging Hou Yi zum Kunlun-Berg, um einen Freund zu besuchen. Dort traf er auf die Himmelskaiserin. Diese gab ihm ein Lebenselixier und sagte ihm, wenn er das Elixier eingenommen habe, werde er unsterblich sein und zum Himmel steigen können. Da er es nicht übers Herz bringen konnte, seine Frau im Stich zu lassen, gab er seiner Frau das Elixier zur Aufbewahrung. Seine Frau steckte das Elixier in ein Kästchen, was aber von Peng Meng gesehen wurde.

Eines Tages nutzte Peng Meng die Gelegenheit der Abwesenheit von Hou Yi und zwang mit dem Schwert Chang'e, das Elixier herzugeben. Da sie wusste, dass sie Peng Meng nicht entkommen konnte, verschluckte Chang'e das Elixier. Sogleich flog sie aus dem Fenster zum Mond, und Peng Meng musste fliehen.

Nach Hause zurückgekehrt, wusste Hou Yi darüber Bescheid. Er war tief traurig und rief zum Himmel den Namen seiner Frau. Erstaunt entdeckte er, dass der Mond dieses Tages besonders hell und rund war und dass es im Mond den Schatten eines Menschen gab, der Chang'e sehr ähnlich aussah. Er eilte mit aller Kraft dem Mond nach. Doch sosehr er sich Mühe gab, er konnte ihn nicht einholen.

Hou Yi dachte jede Nacht an seine Frau. Er ließ im Hintergarten, wo sich Chang'e oft aufgehalten hatte, einen Tisch mit Weihrauchstäbchen und Früchten, die Chang'e gern aß, aufstellen, um Chang'e im Mondpalast zu opfern. Als die Leute davon erfuhren, dass Chang'e zum Mond geflogen war, stellten sie auch im Mondschein einen Tisch mit Weihrauchstäbchen und beteten zu Chang'e. Seitdem verbreitete sich diese Sitte im Volk.

Das Mondfest hat viele Sitten, die von Ort zu Ort variieren. Sie drücken alle den heißen Wunsch der Menschen nach einem glücklichen Leben aus. Die wichtigsten von ihnen, die bis heute beibehalten werden, sind die Bewunderung des Mondes und das Speisen von Mondkuchen.

Am 15. Tag jedes Mondmonats hat man Vollmond. Am 15. Tag des 8. Mondmonats ist der Mond besonders hell und rund. Nach dem Mondkalender ist diese Zeit Herbst, wo Getreide und Obst reifen. Am Abend des Mondfestes sitzen Blutsverwandte oder Freunde zusammen, um den Mond zu bewundern. Am Mondfest jedes Jahres werden an verschiedenen Orten viele Veranstaltungen zur Bewunderung des Mondes organisiert.

(China.org.cn, 31. Dezember 2003)

Ich musste auch ganz viele Mondkuchen essen. Anfangs fand ich das noch ganz witzig, aber dann habe ich staendig welche geschenkt bekommen von meinem Chef und von Kunden, die ins Buero gekommen sind. Jeder hat mir so ein Teil in die Hand gedrueckt, ich wusste schon gar nicht mehr wohin damit. Und das schlimmste war, als mein Chef am Tag nach dem Mondfest auch noch seine restlichen Mondkuchen zum Mittag mitgebracht hat. Es ist immernoch einer im Kuehlschrank.

Ich im Buero mit dem letzten aller Mondkuchen.

Diese Mondkuchen sind unheimlich suess und pappig und kleben an den Zaehnen und stopfen. Und dann liegt er einem schwer im Magen. Man kann also eigentlich nicht viel davon essen, muss man aber...
Gefuellt sind sie z.B. mit Sojabohnen oder Ananasbrei oder Gehacktes oder einer braunen Creme oder oder oder.

Am Dienstag habe ich sehr, sehr nette Deutsche beim Mondfest kennengelernt. (Meine Vorgaengerin von der Wirtschaftsfoerderung hat mir den Kontakt verschafft.) Bisher haben wir uns jeden Abend getroffen. Wir haben in einer kleinen Bar gesessen, in der ueberwiegend wahrscheinlich Deutsche feiern. So hat ein deutscher Metzger in Taicang niedergelassen und an diesem Abend dort deutsches Grillgut gegrillt.

Es gibt hier 80 deutsche Firmen und dementsprechend viele Deutsche leben in Taicang. Das lustige ist, dass anscheinend die meisten in einer Siedlung, die Century Park heisst, wohnen.
Ich aber nicht, ich wohne in einer chinesischen, unweit von einer lustigen Einkaufsstrasse mit sehr, sehr guten, sehr guenstigen Restaurants. Mein Pfoertner hat mich dann am zweiten Tag, den ich dort wohnte, erst einmal ausgefragt, wer ich bin, woher ich komme und was ich hier mache. Im Namen der Nachbarn ;) Mittlerweile kennen mich aber alle Pfoertner ganz gut und gruessen mich immer mit "Hallo!" und freuen sich dann.

Am Mittwoch war ich mit Herrn Li und einer guten Freundin von ihm essen. Sie war sehr nett und hat mich zu diversen Familienfesten eingeladen, damit ich die chinesische Kultur besser kennenlernen kann. Dann musste ich ganz viel Schnaps mit Hrn Li trinken. Gut, dass er nicht so viel vertraegt, denn dieses Getraenk namens Baijiu 白酒 ist ziemlich stark.
Wir sind uns hier alle einig, dass man in Taicang ganz leicht zum Alkoholiker werden kann. Bei jeder Gelegenheit muss man Essen gehen und anstossen. Dann muss es alles im Ueberfluss geben. Der Gastgeber bestellt fuer alle verschiedene Speisen und Getraenke (und bezahlt auch alles; es ist unueblich getrennt zu bezahlen), die dann untereinander (mittels einer Drehscheibe in der Mitte des runden Tisches bei vielen Gaesten) ausgetauscht werden. Jeder hat ein kleines Schaelchen und einen kleinen Teller auf den er sich auftuen kann. So geht das.
Die Bierflaschen haben hier auch 600 ml.

Am Donnerstag haben wir Deutschen uns bei mir getroffen uns im Garten gesessen und wir haben festgestellt, dass ich auch noch einen moeblierten Schuppen und einen Brunnen im Garten habe.

Gestern war Weinabend und heute Fruehstueck bei mir. Heute Abend fahre ich nach Shanghai mit Simon und kaufe noch mehr kitschige Sachen, die man hier ueberall ganz einfach und billig bekommt und morgen muss ich ja wieder arbeiten.

Ich habe zwar jetzt eine Wohnung, aber schickt eventuelle Post bitte lieber ins Buero. In meinem Wohnblock gibt es naemlich nur einen einzigen kleinen Briefkasten fuer alle, die in meinem Eingang wohnen. Und das duerften viele sein.
Adresse gibts auf Anfrage. Die ist dann auch auf Englisch, weil wir im International Economy Development Center oder sowas sitzen.

Ich habe jetzt auch ein chinesisches Handy. Ich weiss noch nicht, ob meine alte Nummer gueltig bleibt oder nicht. Eigentlich wollte ich ja den Vertrag ab Oktober unterbrechen, weiss aber noch nicht, ob das geklappt hat.
Handynummer gibts morgen, ich kann die nicht auswendig.

Anrufe immer gerne ansonsten ueber skype. Die Verbindung ist sehr gut. Ich bin dort als Anne Kristin Rotzek angemeldet.

Ich wuensche euch allen ein schoenes Wochenende!

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Goldene Woche
Ich hab grad zum ersten mal richtig mit einem Chinesen geschaeftlich telefoniert und wir haben uns gegenseitig verstanden!!!
Bisher wurde ich immer am Telefon sofort abgewimmelt oder so oder die haben dann mit mir englisch gesprochen oder nur gelacht oder so. Aber der eben hat sogar Fragen gestellt und ich konnte antworten ;)

Weil ihr euch jetzt fragt, warum ich im buero bin (hier ist naemlich schon Wochenende), erklaer ich das mal:

Am 1.10. ist in China Nationalfeiertag. An diesem Tag im Jahr 1949 hat Mao Zedong 毛泽东 auf dem Platz des Himmlischen Friedens 天安门 in Peking 北京 die Volksrepublik China 中国人民共和国 ausgerufen und China damit die Staatsform gegeben, die es bis heute beibehaelt.
Und so wird gefeiert:

Nationalfeiertag
China auf Urlaub
Von Mark Siemons

China in Aufbruchsstimmung
29. September 2006

Dieses Wochenende geht wieder ein Fünftel der Menschheit in Urlaub. Am 1. Oktober, dem Nationalfeiertag, beginnt in China die "Goldene Woche", und in dieser Zeit stehen im ganzen Land fast alle Räder still. Die Behörden, Staatsbetriebe und privaten Unternehmen machen dicht, und die sonst arbeitende Bevölkerung fährt kollektiv ins Grüne. Das kann voll werden.

Für das Gedränge, wie es in Bussen, Zügen und Ausflugslokalen herrscht, wenn das bevölkerungsreichste Land der Erde gemeinsam Ferien macht, sind die Worte noch nicht gefunden, in der Geschichte des Fremdenverkehrs gibt es kein Beispiel dafür. Das Nationale Urlaubsamt hat errechnet, daß jede der 99 wichtigsten Attraktionen des Landes in dieser Zeit von dreimal so vielen Besuchern angesteuert wird, wie sie denkmalpflegerisch, ökologisch und dienstleistungstechnisch eigentlich verkraften kann. Ein besonders trauriges Schicksal ereilte eine als unsterblich bekannte Schildkröte im Zoo von Wuhan. Nachdem sie tausend Jahre unbeschwert gelebt hatte, wurde die Menge der "Goldene Woche"-Touristen, die ihrer magischen Kraft durch Berührung teilhaftig werden wollten, ihr Verderben: Sie wurde regelrecht erdrückt.

Bekannte Touristenziele sollte man in der "Goldenen Woche" besser meiden
Bevor einem das alles allzu merkwürdig oder gar unvernünftig vorkommt, sollte man bedenken, daß den Chinesen vor 1999, als die "Goldene Woche" eingeführt wurde, das Konzept Urlaub generell unbekannt war. Die einzige Reise war der jährliche Betriebsausflug, und erst 1994 schenkte die Regierung den Angestellten noch einen zweiten freien Tag am Wochenende. Den verbrachte man normalerweise im Kreise der Familie, genauso wie die großen Feste, das chinesische Neujahr, den 1. Mai und den Staatsgründungstag.

Kein Recht auf Freizeit

Diese drei Feiertage sind nun seit sieben Jahren zu Goldenen Wochen verlängert worden - um Konsum und Tourismus anzukurbeln, wie es zur Begründung prosaisch hieß, doch in Wahrheit wurde da der Keim zu einer Sehnsucht mit unabsehbaren Folgen gelegt. Das Wachstum des Keims vollzog sich rasch und reibungslos: 1999 zählte man noch 28 Millionen Reisende, dieses Jahr ist die Zahl schon auf 120 Millionen gestiegen. Am Anfang stand der Tagesausflug zu einem schönen Aussichtspunkt, bei der sich die Familie mit Proviant wie zu einer Polarexpedition eindeckte. Es folgte die Pauschalreise im Bus mit ihrem vertrauten Rhythmus von Schlafen, Aussteigen/Fotografieren/Wiedereinsteigen/Weiterschlafen. In der nächsten Stufe steuerte man mit dem Flugzeug dann Trend-Ziele wie Yunnan oder die Insel Hainan an, und die Liquideren haben ihren Radius längst auf Thailand oder Europa erweitert.

Es geht los: Andrang am Bahnhof in Hefei, um sich ein Bahnticket zu sichern
Mit den Ansprüchen mehren sich die Stimmen, die nach einer Flexibilisierung des Jahresurlaubs verlangen. Doch das dürfte bis auf weiteres unrealistisch sein. Nicht einmal die älteren Angehörigen der Pekinger Staatsbetriebe, denen ein Gesetz 1995 bis zu zwanzig Tage Urlaub garantierte, können diesen Anspruch einlösen. In Chinas wildem Wettbewerb riskiert jeder seinen Job, der auf seinem Recht auf Freizeit beharrt, solange die Konkurrenz noch weiterarbeitet. Ferien gibt es nur für alle gleichzeitig oder gar nicht.

Text: F.A.Z., 28.09.2006, Nr. 226 / Seite R1
Bildmaterial: AFP, AP, REUTERS

Weil dann also die naechste Woche komplett frei ist, muessen alle an diesem Wochenende arbeiten. Also Samstag und Sonntag zu normalen Geschaeftszeiten.
Deswegen sitze ich jetzt hier im Buero, falls jemand vorbeikommt oder anruft. Nebenbei uebersetze ich noch ein paar Texte ins Chinesische. Das mache ich hier auch die meiste Zeit bei der Arbeit. Momentan uebersetze ich Broschueren zum Thema Biogas.

Ansonsten geht es mir hier sehr gut. Ich bin nur ziemlich muede, weil ich jeden Abend noch ein bisschen lange unterwegs war und weil im Buero viel zu tun ist. Unmittelbar nach der Goldenen Woche wird uns eine Delegation aus Deutschland fuer zwei Wochen besuchen und die Messe in Shanghai muessen wir auch noch fertig vorbereiten... also koennen wir uns eine komplette Woche frei nicht so richtig erlauben... aber naja.


Ich werde waehrend der Goldenen Woche wahrscheinlich nicht gross verreisen. Wahrscheinlich fahr ich mal nach Shanghai und vielleicht mal nach Suzhou. Ansonsten werde ich meine Wohnung mal so richtig gruendlich putzen und Taicang angucken. Hier gibt es in meiner Strasse ein paar interessante kleine Boutiquen.

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